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CD „Kreuzberger Eislieder - Songs aus den 80ern 2011:

Diese CD präsentiert Songs von Salli Sallmann aus den 1980er Jahren. Die Aufnahmen entstanden 1984 für eine RIAS-Porträtsendung „Poet auf halber Treppe. Zu verdanken sind sie dem damaligen RIAS-Redakteur Olaf Leitner, der an einem schönen Juni-Nachmittag mit einer guten Idee und einem sensiblen Mikrofon in Sallmanns Hinterhaus-Wohnung trat. Es handelt sich also nicht um technisch ausgeklügelte Studio-Abmischungen, sondern um aus dem Stand eingespielte „Küchen-Fassungen von Sallmanns damaligen Songs.

Erschienen bei DuDu-Records, beziehbar über Amazon oder über DuDu-Records, Segitzdamm 58, 10969 Berlin

 

Ballade von Josef Griep (Nichts Besonderes)
Musik: Dylan – Text: Dylan / dt. Sallmann

 

Das ist das Lied von Josef Griep,
er ist ein armes Schwein,
er hat die Schnauze voll vom Leben,
er will lebendig sein.

Keine Frau sehnt sich nach ihm,
er ist nicht schön, nicht cool,
ständig auf der Hatz nach Geld,
wie du und ich ein Fool.

Josef ist kein Gewinner
in diesem Lebensspiel.
Was er an Glück zuwenig hat,
haben andere zuviel.

Sein Brillenblick, sein spitzer Bart
stechen in die Nacht.
Dass er so einsam ist, so raus:
Was er nur gemacht?

Und er hängt nächtelang allein
in Kneipen 'rum und säuft,
und weiß so kann's nicht weitergehn,
die
Zeit ist für ihn reif.

Er weiß, dass er am Ende ist,
er muss irgendwas tun.
Er läuft schon dreißig Jahre
in durchgelaufnen Schuh’n.

Und Josef geht auf Demo's,
hält Reden und spielt Squash,
und merkt, was er schon wusste:
Er bleibt ein kleiner Frosch.

Ein kleiner Frosch in einer Welt,
so voll von Trampeltieren.
Josef hat keine Hoffnung,
was hat er zu verlieren?

Ich hab' mein Lied zu singen
von meinem Kumpel Griep.
Josef starb am Straßenrand
'ne Zeitungszeile blieb.

Nichts Besonderes, ein Unfall
nur, er lebte, wie er starb.
Einsam und verlassen,
das nahm er
mit ins Grab.


Dylans „Lilly of the West“ hatte ich im Ohr, als damals mein Schul-Kumpel Josef totgefahren wurde und ich diese Ballade schrieb. S. Sallmann

Mit freundlicher Genehmigung  von Sony / ATV Publishing Germany GmbH / Dwarf Music


Oma - Lied
Musik: Sallmann / Text: Sallmann

 

Meine Oma war ein guter Mensch.
Nun ist sie lang schon fort.
Ich hab ihr Bild bei mir zu Haus
aufgestellt auf dem Bücherbord.

Meine Oma hat ihr Leben lang
nur Geschirr gespült.
Wenn sie in der Küche sang,
hab ich gern gespielt.

Meine Oma und mein Opa hatten
ihr Leben lang leere Taschen.
Opa ging in die Fabrik
und Oma Wäsche waschen.

Meine Oma und mein Opa sind
auf die Nazis reingefallen.
Kriegten kleine  Posten in der Partei
und mussten dafür bezahlen.

Denn als der Krieg zu Ende war
und Deutschland war verdorben,
da wärn die zwei im Erzgebirg

beinahe Hungers gestorben.

Meine Oma hat drei Jahre lang
für nischt im Lager gesessen.
Es war Entnazifizierungszeit
und gab auch nischt zu essen.

Und als die DDR geboren war,
wurde sie wieder entlassen
und war schon viel zu müd und krank,
um irgendwen zu hassen.

Sagte: Politik? Geh ach geh.
Du wirst doch nur betrogen!
Und hat wieder den Lebenswert
am Kochen und Waschen gewogen.

Im Eiswinter Achtundsechzig
brach sie sich die Knochen
und ist den Rest des Lebenswegs
an Krücken weiter gekrochen.

Sie lebte ihre Tage ab.
Ihr Alter war verbittert. Doch
als ihr Enkel flügge wurd:
Das hat
ihren Trott erschüttert.

Beim Frühstück besprachen wir
den Weg zum Sozialismus.
Beim Abendbrot, was Freiheit ist
und Omas Rheumatismus.

Oma hab ich zuletzt gesehn,
da war ich Soldat für den Frieden.
Dann kam der Knast, dann Westberlin:
Und sie musst im Bette liegen.

Und als sie dann gestorben war,
wollt ich sie mit begraben.
(Was die deutschen Michel
konsequent verhindert haben.)

Und wenn ich an ihrem Grab einst steh
Mit schwarzen und roten Rosen:
Dann werd ich sanft und sorgfältig
ihre GrabsteIle entmoosen.


Der berühmte Sänger Biermann konnte, als sein Freund Havemann im Sterben lag, noch mal in die DDR einreisen.
So großzügig waren damals die geschmähten Stalinisten mit ihrem prominenten Gegner Biermann.

Ich – als unbekanntes „Biermännchen“ – hatte, trotz Bemühung sonstwelcher Kontakte – keine Chance, zur Beerdigung meiner Oma nach Karl-Marx-Stadt zu gelangen.
Das hat mich damals nicht wenig angekotzt. S. Sallmann

 

 

Hilflos mein Lied
Musik: Sallmann / Text: Sallmann

 

Ich hab' einen Sohn, der in Hessen lebt.
und ich hab' eine Tochter in Sachsen.
Die beiden Geschwister kennen sich kaum.
Doch es geht ihnen gut: Es ist Frieden.

Frieden, das ist ein schönes Wort,
noch stehen die Häuser, wir leben.
in Atombunkern nicht, und leicht ist es noch,
beim Wort Frieden die Stimme zu heben.

Frieden, was ist das für ein Wort?
Zerfleddert in Reden und Schlagern.
Bewacht von Hunden, die tollwütig sind,
in zwei tödlich verfeindeten Lagern.

Frieden, vergewaltigt von Ideologien,
von Politikern abgegriffen.
Frieden, schmal wie ein Messer:
Für's Zustoßen scharf geschliffen.

Ja, in solch einem
Frieden lebe ich
und ich trinke ich lache ich liebe,
und manches mal wünsch' ich mir insgeheim,
dass dies alles auf ewig so bliebe.

Doch die Mächtigen feilschen um Einfluss und Macht,
sie pokern um ihre Raketen.
Sie verhandeln, wie man den Frieden erhält
und beschließen den Tod für jeden.

Und sie planen mit ein, dass mein Sohn dabei stirbt
durch Raketen des Sozialismus
und dass meine Tochter zu Asche zerfällt
durch die Bomben des Kapitalismus.

Nein, diese Herren, ich trau' ihnen nicht,
ihr Frieden wird nie etwas taugen.
Sie lächeln im Fernsehen Abend für Abend
mit hungrigen Haifischaugen.


Und da ich klein bin, und sie sind groß,
hab ich hilflos mein Lied hier zu bringen.
Vielleicht kommen bessere Zeiten und dann
kann ich schönere Lieder euch singen.

 

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