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Auszüge aus Über die Tücken des Alkoholismus in Verbindung mit Kohleheizung


Antwort auf eine Disziplinarmaßnahme

Aller Frustration zum Hohn
schreib ich diesen Vers.
Es blüht der feuerrote Mohn
auch ohne euch. Das wär’s.


Ach was

Die Trauer ist eine Eigenschaft
die tief in den Herzen begraben liegt.
Manchmal geht sie nachts
durch unsre Träume manchmal
bauen wir uns mit ihr
eine Mauer vorm Leben.

Und du bist einer,
der den Hurrikan liebt.
Hundertmal schaust du dir
die Filme an und erzählst
deiner Familie beim Kaffee
auf der Veranda von seiner Macht.

Und ich, mein Freund,
bin einer, dem seine Mutter
eine Zitrone in die Wiege legte.
Die Nase zogs mir krumm die
Mundwinkel nach oben ach was
ist die Welt andres als sauer?


Bier-Tier

Ich bin kein Mensch wie andere,
ich bin ein sprechendes Tier.
Ich grunze, ich lechze, ich wandere
durch Kneipen und trinke Bier.

Wenn Menschen so viel und klug reden,
so edel, human, mit null Bier,
dann denk ich in Stunden, in öden:
Was iss‘n das für’n Tier?

Warum der Mensch hirnverbrannt ist,
das ist zuviel Bier in ihm.
Doch was am Mensch interessant ist,
das ist das Tier in ihm.

Drum bin ich kein lieber Murkel,
sondern ein Bier, welches spricht,
das aufschäumt und das in der Gurgel,
unverschämt tierisch laut zischt.

Das Tier im Mensch ist das Richtige.
Der Mensch im Tier ist das Wichtige.
Das Bier im Mensch ist köstlich.
Der Mensch, er bleibt untröstlich.


Selbstporträt

Ich bin sehr bescheiden.
Das ist meine Zier.
Das kann ich an mir leiden.
Da kann ich nix dafür.

Ich sage Hü. Ich sage Hott.
Ich zieh
nach Nischni Nowgorod.
Ich sage Muh. Ich sage Mäh.
Das ist mein Selbstporträt.


Ruhe

Gestern existiert nicht.
Heute ist zerstritten.
Morgen ist ein Irrtum.
Ich darf um Ruhe bitten.


Auf dem Rummelplatz der Gefühle

Auf dem Rummelplatz der Gefühle
stehen die Karren nie still.
Das Glücksrad kreist, die Zaubermühle,
ich kauf ein los für was ich will.

Auf dem Rummelplatz der Gefühle
tanzen die Affen Ringelreihn.
Die Eitelkeiten platzen nass zur Siele.
Roll’ auf mein Los und tauche ein.

Sirenen heuln, die Hauptgewinne
vergessen Säufer aufm Clo.
Die Frauen ziern, die Männer singen Minne.
Ich trink mein Bier und sag: hallo.


Schade

Eine kleine grüne Wolke
treibt mir morgens durchs Gehirn.
Wie ich ihr im Halbschlaf folge,
prallt sie ab an meiner Stirn.

Ich setze mich zum Frühstück hin
und rühre Marmelade.
Die Marmelade ist ganz grün
von Schimmelwolken, schade.


Märchen vom Tod

Aber vielleicht ist der Tod
gar nicht schwarz sondern bunt
und die Engel sind geistreiche Wesen
und trinken mit mir sehnsuchtvoll
Weltraumbiere (welche Brauerei liefert?).
Ich bekomme auf die himmlischen Augen
einer Engelin Lust
und vielleicht gibt‘s dann
sogar Geschichten zu erzählen.
Ach Kinder,
wär das ein Leben.


Gut drauf sein

Du musst gut drauf sein. Vermittle uns nicht deine Empfindlichkeiten.
Wir haben selber genug davon. Vermittle
Zuversicht. Alle brauchen sie. Gib sie uns. Du musst gut
drauf sein. Hast du Kummer, verarbeite das Problem in
angemessener Weise und ziehe die richtigen Schlussfolgerungen.
Behalte deine Sorgen für dich. Wem macht es
schon Spaß, sich deiner zu erbarmen. Oder die Frau, um
deren Liebe du ringst: Soll sie dich bewundern oder bedauern?
Na also. Zeige deine Stärken. Durch sie wirst du
unsere Anerkennung finden, nicht wegen deiner Schwachheiten.
Was wir brauchen ist Hoffnung. Blicke nach vorn, in
die Zukunft. Sprich von Zuversicht. Gehe darauf ein, dass
wir sensibel sind: Sei
gut drauf.


Montag im Foxtrott

Regen schlägt an die Scheiben.
Das ist mein Regenlied.
Durchs Glas seh ich Geister treiben.
Sie zeigen mir, was mir blüht.

Regen prügelt die Pfützen.
Der Asphalt glänzt frisch gelackt.
Unter den Autos sitzen
paar Tauben in nassem Frack.

Ich drehe im Zimmer Runden
und blättre‚ in einem Journal.
Es regnet, es regnet seit Stunden
Es regnet den Himmel kahl.

Im Garten blühn noch Forsythien,
für Mai ist es viel zu kalt.
Vom Radio her regnet’s ein Liedchen
in meinen Möbelwald.

Das ist mein Montag im Foxtrott.
Ich langweile mich, bin allein.
Doch warum sollte das vor’m Herrgott
etwas Besonderes sein.


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